Unternehmerische Selbständigkeit

Thesen *

Gründungsaktivitäten folgen historischen Trends!

  1. Die institutionellen Rahmenbedingungen sind für unternehmerische Selbständigkeit von wesentlicher Bedeutung. Allerdings erfordert eine Anpassung an Veränderungen der institutionellen Rahmenbedingungen Zeit. Nach der Übernahme des westdeutschen institutionellen Rahmens hat das Niveau unternehmerischer Selbständigkeit in Ostdeutschland nach ca. 13 Jahren das westdeutsche Niveau erreicht.
  2. In Ostdeutschland lässt sich nach der Übernahme des westdeutschen institutionellen Rahmens 1989/90 die Persistenz einer „regionalen Kultur der unternehmerischen Selbständigkeit“ nachweisen. Zum Zeitpunkt des Systemumbruchs in der DDR war das „Erbe an Gründungskultur“ in Ostdeutschland regional unterschiedlich ausgeprägt.
  3. Im neuen Gründungsgeschehen wird eine Pfadabhängigkeit kenntlich, die historisch in die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen zurückreicht und in der DDR – trotz gegenläufiger Regimepolitik und Propaganda – nicht gänzlich eliminiert wurde. In ostdeutschen Regionen, die schon Mitte der 1920er Jahre ein hohes Niveau unternehmerischer Selbständigkeit zeigten, wurden auch nach 1989/90 mehr Unternehmen gegründet und dadurch die Transformationsfolgen besser bewältigt!
  4. Wo es bei Eintritt in den Systemwechsel nach 1989 zu reger Gründungstätigkeit kam, liegt die Selbständigenrate auch gut eineinhalb Jahrzehnte später (2007) vergleichsweise hoch.
  5. Langfristig gesehen hat der Grad der unternehmerischen Selbstständigkeit einen positiven Einfluss auf den Wohlstand einer Region. Deshalb stellt eine Kultur unternehmerischer Selbstständigkeit eine wichtige regionale Ressource für regionales Wachstum dar!
    Für eine angestrebte koreanische Wiedervereinigung lassen sich aus unseren Erkenntnissen institutionelle, personelle und kulturelle Schlüsse ziehen:
  6. Gründungsfreundliche institutionelle Rahmenbedingungen (z.B. Markteintrittsregulierung, Insolvenzrecht, etc.) sind von großer Bedeutung für die Entstehung von Unternehmertum. Erforderlich sind eine klare und frühzeitige Regelung der Eigentumsrechte sowie ein umsichtiger Umgang mit (potentiellen) Rückübertragungsansprüchen. Nach den in Ostdeutschland gemachten Erfahrungen sollte Entschädigungen ein Vorrang vor Rückgaben eingeräumt werden. Der umgekehrte Weg erwies sich in Ostdeutschland als schwerer Fehler!
  7. Beratung und Schulung bei der Umstellung auf die neuen Institutionen kann die notwendigen Anpassungsprozesse sinnvoll unterstützen. Ein Wissenstransfer mittels Einsatz von Führungskräften mit marktwirtschaftlicher Erfahrung ist ein wichtiges Instrument, sofern dabei die jeweiligen regionalen Rahmenbedingungen angemessen berücksichtigt werden.
  8. Neben formalen sind informelle Institutionen wie eine Kultur unternehmerischer Selbständigkeit (z.B. soziale Legitimität und Anerkennung von Unternehmertum) von wesentlicher Bedeutung. Daraus folgt, Wirtschaftspolitik muss für den regionalen Kontext maßgeschneidert werden! Im Rahmen eines solchen „place-based“-Ansatzes sind regionale Traditionen von Unternehmertum (in Korea z.B. die sprichwörtlichen „Händler von Kaesong“) zu berücksichtigen. Die Entwicklung von unternehmerischen Potenzialen in den einzelnen Regionen ist wichtiger für die wirtschaftliche Entwicklung als eine Ansiedlung verlängerter Werkbänke.

Genese der Erkenntnisse im Sonderforschungsbereich 580 *

Die oben stehenden Thesen gehen auf den Teilbereich Wirtschafts- und Arbeitsmarktforschung innerhalb des Sonderforschungsbereiches 580 sowie insbesondere die beiden folgenden Forschungsprojekte zurück:

  • Gründungsgeschehen und Arbeitsmarkt in ost- und westdeutschen Wachstumsregimen (Teilprojekt B10)
  • Ökonomische Eliten im erweiterten Europa: Rekrutierung, Karrieren und Handlungsorientierungen von Managern (Teilprojekt A2)