(Deutsch) Lebensgeschichtliche Generationenerfahrungen

Thesen *

  1. 20 Jahre nach der deutschen Vereinigung ist Ostdeutschland in sich außerordentlich differenziert. Verschiedene ostdeutsche Regionen (Jena, Leipzig, Potsdam, Dresden) sind in den Entwicklungsmustern absolut vergleichbar mit westdeutschen Regionen. Aber strukturschwache Regionen haben oft ganz eigene Probleme. Auch generativ gibt es andere Muster. Ostdeutschland weist hier einige Besonderheiten auf, zum Beispiel liegt das Durchschnittsalter der Unternehmer um 10 Jahre höher als in Westdeutschland.
  2. Das zeigt, dass Regionen und Generationen wichtige Differenzbildner sind, die mit fortschreitendem Transformationsprozess immer mehr Wirkung entfalten. 20 Jahre nach der Vereinigung überlagern regionale und generationale Differenzierungen in Deutschland die politischen und infrastrukturellen Nachwirkungen des DDR-Sozialismus. Deshalb ist das Thema Region und Generation wichtig.
  3. Die DDR versuchte über soziale Homogenisierung und regionalen Strukturausgleich generative und regionale Differenzen auszugleichen: sie investierte zum Beispiel vor allem in strukturschwachen Regionen. Es gelang aber auch unter einer zentralistischen sozialistischen Diktatur nicht, die generativen und regionalen Konflikte, Spannungen und Unterschiede zu beseitigen. Im Gegenteil: neue Differenzen entstanden in der DDR.
  4. Zwei Beispiele: Bei den Generationen förderte die DDR die Jahrgänge, die bei Ihrer Gründung 18-30 Jahre waren. Sie wurden in die Aufstiegskanäle des neuen Staates integriert. So entstand eine ausgesprochen loyale „Aufbaugeneration“, die sich in späteren Jahren allerdings als „Bleiplatte“ erwies, die die soziale Mobilität der DDR blockierte und Widerstände jüngerer Generationen hervorrief.

    Bei den Regionen förderte die DDR strukturschwache Regionen. Das wiederum führte zur Vernachlässigung altindustrialisierter Industriegebiete, sowie religiöser und regionaler Traditionen. In der Folge kam es zum Aufblühen regionalen Eigensinns und zum Widerstand gegen den Zentralismus.
    Diese regionalen und generativen Muster der DDR werden in der Transformation relevant.
  5. Die Entfaltung generativer und regionaler Differenzen überlagert in Transformationsprozessen zunehmend den einfachen Ost-West-Gegensatz. Ohne die generativen und regionalen Eigenbewegungen zu verstehen, kann man die Entwicklung im heutigen Ostdeutschland nicht deuten.

Genese der Erkenntnisse im Sonderforschungsbereich 580 *

Die oben stehenden Thesen gehen auf folgende Forschungsprojekte innerhalb des Sonderforschungsbereiches 580 zurück:

  • Jugendhilfe in Transformationsprozessen (Teilprojekt C3)
  • Sozialmoralische Landkarten engagierter und disengagierter Bürger (Teilprojekt C4)
  • Individuelle und soziale Ressourcen für den Umgang mit sozialem Wandel (Teilprojekt C6)
  • Ökonomische Eliten im erweiterten Europa: Rekrutierung, Karrieren und Handlungsorientierungen von Managern (Teilprojekt A2)
  • Erfahrungsräume und Erwartungshorizonte im Generationenumbruch. Beteiligungschancen und
  • Deutungssysteme ausgewählter Basiseliten (Teilprojekt A5)
  • Gründungsgeschehen und Arbeitsmarkt in ost- und westdeutschen Wachstumsregimen (Teilprojekt B10)